Klimaschutz

Aufbau eines Null-Emissions-Mobilitäts-Netzwerkes

Im Oktober 2013 wurde eine Ideenskizze des Biosphärenreservates Schorfheide Chorin zum „Aufbau eines Null-Emissions-Mobilitäts-Netzwerkes“ von EUROPARC Deutschland und HONDA Deutschland im Rahmen eines Wettbewerbs für die Biosphärenreservate Deutschlands neben zwei anderen Einreichungen zur Förderung ausgewählt. Diese Auszeichnung war mit einer Gewinnprämie verbunden, die zur Ausarbeitung eines Konzepts zur Teilnahme einer weiteren Stufe des Wettbewerbs verwendet wurde.

Partner der Verwaltung des Biosphärenreservats bei der Realisierung des Projektes waren die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, Landesverband Berlin Brandenburg e. V. sowie die Contracta GmbH, Herr Steffen Branding, Chorin. Unterstützt wurde das Projekt durch die Wirtschafts- und Tourismusgesellschaft des Landkreises Barnim (WITO), die Tourismusmarketinggesellschaft des Landkreises Uckermark (TMU) sowie die Firma MP-Tec in Eberswalde.

Als wichtige Keimzelle der Projektentwicklung diente das solare Forschungsschiff „Solar Explorer“, das seit August 2012 Forschungs- und Bildungsfahrten auf dem Werbellinsee innerhalb des Biosphärenreservats durchführt und die Machbarkeit der emissionsfreien Elektro-Mobilität öffentlichkeitswirksam in der Saison Tag für Tag unter Beweis stellt.

Fachlicher Hintergrund

Das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin ist mit einer Größe von fast 1300 km² eines der größten Schutzgebiete Deutschlands. Durch die günstige Lage ca. 50 km nordöstlich Berlins werden die attraktiven Landschaften und Sehenswürdigkeiten des Schutzgebiets häufig von Erholungssuchenden aus dem Ballungsraum Berlin genutzt. Es besteht eine sehr gute Anbindung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) der Metropole Berlin (30 bis 45 Minuten mit dem Zug) an die weiträumigen und reizvollen Erholungslandschaften des Biosphärenreservats. Der ÖPNV wird häufig für Tagestouren und längere Urlaubsfahrten von Erholungssuchenden in das Großschutzgebiet genutzt. Die Anzahl von neun Bahnhöfen innerhalb und drei großen, direkt an das Biosphärenreservat angrenzenden Bahnhöfen zeigt das hervorragende Potential für Gäste, die in zunehmender Zahl mit der Bahn anreisen.

Während die Anreise aus Berlin auf umweltfreundliche Weise in kürzester Zeit leicht bewerkstelligt werden kann, besteht ein Mangel an einem umweltfreundlichen und individuellen Transportsystem, das an die Bahnhöfe anschließt. Das mehr oder weniger gut ausgebaute Bussystem ist oftmals zu starr und unflexibel, um den Bedürfnissen insbesondere von Gästen, die auf einen ÖPNV-Angebot im Minutentakt eingestellt sind, zu entsprechen. Dieser Lücke der umweltfreundlichen nachhaltigen Mobilität soll mit dem Aufbau eines intelligenten E-Mobilitätssystems begegnet werden. Viele mit dem Zug anreisenden Radfahrer und die zunehmende Anzahl der Fahrrad- bzw. E-Bike-Ausleihstationen zeigen, dass der Markt für umweltfreundliche Mobilität im Freizeitbereich wächst. Als ein weiterer Trend ist auch das Fahrzeug-Sharing zu erkennen, das je nach Bedarf verschiedene Fahrzeugtypen miteinander kombiniert.

Was im Freizeitsektor beginnen soll, kann in einem weiteren Schritt zur Energiewende im Alltag im Mobilitätssektor ausgebaut werden. Die Zukunftsvision ist eine Null-Emissions-Mobilitätsgesellschaft, die im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin modellhaft entwickelt werden soll.

Projektziel

Zielsetzung des Projekts ist der Aufbau eines intelligenten Netzwerks von Sharing- und Ladestationen für Null-Emissionen-Fahrzeuge, die durch regenerative Energien gespeist werden. Ausgehend von den Bahnhöfen und geeigneten Zielpunkten innerhalb und in der Umgebung des Schutzgebiets soll ein Netzwerk von Ausleih-/Wechsel- und Ladestationen entwickelt werden. Im Fokus des Mobilitätssystems stehen dabei zunächst E-Bikes, E-Roller, E-PKW sowie ggf. auch Brennstoffzellen-PKW.

In einem weiteren Schritt sollen für diese Fahrzeuge Ladestationen für verschiedene Fahrzeugtypen aufgebaut werden. Die Ladestationen sollen vor allem durch Photovoltaikanlagen gespeist werden, die durch Netzstrom aus regenerativen Energien unterstützt werden können.

Zur Effizienzsteigerung und kundenfreundlichen Anwendbarkeit des Systems soll das Mobilitäts-Netzwerk mit einem App-System oder einer mobilen Internetseite ausgestattet werden. Dieses soll die Angabe der verfügbaren Fahrzeuge, freien Ladeplätze sowie die Öffnungszeiten und die Reservierungsmöglichkeit nebst Kontaktaufnahme für den anreisenden Gast ermöglichen. Die Fahrzeuge sollen innerhalb der beteiligten Ladestationen austauschbar sein.

Mit dem solaren Forschungsschulschiff „Solar Explorer“ und dem Angebot von Elektro-PKW und -rollern am Bahnhof Chorin (Preisträger des Fahrtziel-Natur Awards der Deutschen Bundesbahn) stehen bereits zwei innovative Leuchttürme mit kompetenten Partnern auf dem Weg zu einer Null-Emissions-Mobilität im Biosphärenreservat zur Verfügung.

 

Projektstand

Das Projekt wurde Ende des Jahres mit Vertretern der Landkreise und Kommunen im Biosphärenreservat diskutiert. Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet und ein Stufenkonzept erarbeitet, bei dem ein erster Netzwerkausbau für E-Bikes sowie der Aufbau von Photovoltaik-Ports als erster wichtiger Schritt angesehen wird. Im Frühjahr 2014 fand ein Workshop mit potenziellen Ladestations- und Ausleihbetreibern statt und es erfolgte die weitere Teilnahme an dem Wettbewerb von Europarc Deutschland e.V. und HONDA Deutschland - mit Erfolg: Das Projekt gewann den 1. Preis.

Neben den Ausleihstationen wurde die Bedeutung der Ladestationen immer klarer. Der E-Bike-fahrende Gast soll sich im Gebiet sicher und gut aufgehoben fühlen. Es wurde daher die Initiative von Sonne-auf-Rädern aufgegriffen, die die Entwicklung einer E-Bike-freundlichen Region vorsieht. Damit ist gemeint, dass an bestehenden Einrichtungen, wie z.B. Gaststätten, E-Bike-Fahrer kostenlos Ihr E-Bike wieder aufladen können. Um Interessenten für diesen Service zu gewinnen, war zunächst zu klären, welche Kosten bei der Ladung eines E-Bike-Akkus entstehen.

Im Rahmen des Projekts wurde daher 2014 ein aktuelles E-Bike der Firma Hercules (Modell Roberta 2014, Li Ion-Akku 400 Wh) durch Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie Berlin, Brandenburg e.V. untersucht. Es zeigte sich, dass eine Vollladung, also bei leer gefahrenem Akku mit ca. 14 ct und eine Ladung bei einer Restkapazität von 50 % mit ca. 7 ct zu Buche schlägt. Das bedeutet, dass z.B. ein Gastronom, der einen zusätzlichen Gast durch das Serviceangebot zum Laden des Akkus gewinnen kann, bereits bei einem verkauften Kaffee einen Gewinn erzielt.

Ziel sollte es in einem Biosphärenreservat selbstverständlich sein, den Strom zur Ladung aus regenerativen Energiequellen zur Verfügung zu stellen. Untersucht wurde daher auch, inwieweit der benötigte Strom durch Photovoltaik kostengünstig erzeugt werden kann, denn in der Jahres- und Tageszeit, wenn E-Bike-Fahrer unterwegs sind, ist auch eine Photovoltaikanlage besonders aktiv. Es zeigte sich, dass bereits mit 1 m² Photovoltaikfläche rechnerisch 298 Vollladungen ermöglicht werden, mit dem im mittleren „Tour-Modus“ eine theoretische Fahrleistung von 28.300 km erzielt werden könnten. Die Kopplung einer E-Bike-Ladestation, die durch die Sonne gespeist wird, erscheint daher eine sehr gute Perspektive.

Zur Kennzeichnung der Ladestationen konnte ein Signet, das von "Sonne auf Rädern" entwickelt und regional angepasst wird, genutzt und bereits im Juni 2014 die ersten Partner zur Einrichtung einer Ladestation gewonnen werden. Es handelt sich dabei zunächst um eine sehr einfache sog. „Indoor-Station“. D.h. der Anbieter muss in seinem Betrieb nur eine Steckerleiste zur Verfügung stellen. Der E-Bike-Fahrer kann an dieser Steckerleiste seinen E-Bike-Akku mit seinem eigenen Ladegerät laden. Für die Anbieter von Ladestationen aber auch für den E-Bike-Fahrer wird ein besonderer kostenloser Service angeboten. Alle Ladestationen sind im Internet in einer Karte mit Angabe der genauen Adresse verzeichnet. So bekommen einerseits die Anbieter einen Marketingmehrwert und die E-Bike-Fahrer können sich bei ihrer Tourenplanung orientieren. Als zusätzliches Marketing werden alle Anbieter auf zwei Internetseiten aufgenommen: www.sonne-auf-raedern.de und www.reiseland-brandenburg.de. Mit Abschluss des Jahres 2014 konnten durch die Mitglieder der Arbeitsgruppe 23 Partner für Ladestationen gewonnen werden, so dass bereits heute von einem kleinen Netzwerk gesprochen werden kann. Weitere Anbieter von Ladestationen sind jederzeit willkommen! Bewerbungen können an die Verwaltung des Biosphärenreservats, im Landkreis Barnim an die WITO und im Landkreis Uckermark an die TMU gerichtet werden. Allen Partnern der Initiative sei an dieser Stelle für ihr Engagement herzlich gedankt!

Auch in der kommenden Zeit wird an der Weiterentwicklung des Null-Emissions-Netzwerks und dem Aufbau eines Images für nachhaltige Mobilität weiter gearbeitet. Ein Wunsch ist z.B. die Errichtung von E-Bike-Ports im öffentlichen Raum, wo E-Bikes durch Solarstrom kostenlos geladen werden können. Weitere Ideen und Partner des Netzwerks werden immer gesucht und sind sehr willkommen.